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EffiPig Abschlussworkshop in Kassel: Tierernährer und Tierzüchter diskutierten NP reduzierte Fütterung beim Schwein

N-/P-reduzierte Fütterung beim Mastschwein - Umsetzung in die Praxis
Dr. Jochen Krieg, Landwirtschaftskammer NRW

Dr. Jochen Krieg, Landwirtschaftskammer NRW

Die landwirtschaftliche Praxis zeigt aus unterschiedlichen Gründen ein zunehmendes Interesse an nährstoffreduzierter Fütterung. Zum einen stellen gesetzliche Vorgaben und Umweltanforderungen neue Herausforderungen dar: Stickstoffemissionen und Phosphorausscheidungen müssen deutlich verringert werden. Zum anderen spielt die Fütterung eine zentrale Rolle für die Tiergesundheit. So belasten hohe Stickstoffausscheidungen den Stoffwechsel und auch bei Problemen mit dem Fundament gilt die Fütterung als ein entscheidender Einflussfaktor. Hinzu kommt, dass die Futterkosten einen wesentlichen Anteil an den Gesamtkosten der Tierproduktion ausmachen.

Dr. Jochen Krieg erläuterte einige Grundlagen der phosphor- und stickstoffreduzierten (NP-reduzierten) Fütterung, insbesondere im Hinblick auf die Rolle essenzieller Aminosäuren. Dabei ging er auch auf mögliche Herausforderungen in der Praxis ein – etwa auf potenzielle Auswirkungen der Nährstoffreduktion auf Schlachtkörpermerkmale.

Als zentrale Schlussfolgerung aus bisherigen Forschungsprojekten betonte Dr. Jochen Krieg die Notwendigkeit, den Einfluss nährstoffreduzierter Fütterung auf unterschiedliche Genetiken künftig intensiver zu untersuchen. Ein kontinuierlicher Austausch zwischen Fütterungsexpert:innen und Züchter:innen ist aus seiner Sicht entscheidend, um praxisnahe und wirksame Fütterungsempfehlungen zu entwickeln.


Das Projekt EffiPig: Genetische Verbesserung von Effizienzmerkmalen bei Schweinen zur Reduktion von Nährstoffausscheidungen
Prof. Dr. Christine Große Brinkhaus, Universität Göttingen

Prof. Dr. Christine Große Brinkhaus, Universität Göttingen

Nach dem aufschlussreichen Einführungsvortrag von Dr. Jochen Krieg gab Prof. Dr. Christine Große Brinkhaus einen umfassenden Überblick über das Forschungsprojekt EffiPig. Sie skizzierte zunächst die Hintergründe des Projekts: Der hohe Anteil der Futterkosten an den Gesamtkosten der Schweineproduktion sowie der zunehmende Druck zur Reduktion von Nährstoffausscheidungen bildeten die Ausgangsbasis für die Projektentwicklung. Ziel von EffiPig war es, genetisch bedingte, tierindividuelle Unterschiede in der Anpassungsfähigkeit an eine nährstoffreduzierte (NP-reduzierte) Fütterung zu identifizieren. Dabei wurden unter anderem der Einfluss der Fütterung auf die Verdaulichkeit von Stickstoff (N) und Phosphor (P), die Futterverwertung, die Schlachtkörperqualität sowie knochenbezogene Merkmale untersucht. In mehreren Teilstudien wurden Daten von knapp 800 Schweinen erhoben – darunter Tiere der Rasse Landrasse sowie Kreuzungen aus Pietrain mit Landrasse- bzw. Hybridsauen.


Bedeutung einer N-/P-reduzierten Fütterung auf Mast- und Schlachtleistungsmerkmale in verschiedenen Schweineherkünften
Marie Bellersen, Universität Göttingen

Marie Bellersen, Universität Göttingen

Marie Bellersen, inzwischen an der Universität Göttingen tätig, präsentierte ausgewählte Ergebnisse des vom Institut für Tierwissenschaften der Universität Bonn koordinierten Projekts EffiPig. Ein zentrales Merkmal ihrer Analysen war – neben der Futterverwertung – die sogenannte Restfutteraufnahme. Dieser Parameter beschreibt die Futtermenge, die über den Bedarf für Erhaltung und Wachstum hinaus aufgenommen wird und somit Rückschlüsse auf Effizienz und Verhalten zulässt. Darüber hinaus wurden auch Verhaltensmerkmale von Schweinen – erfasst unter anderem an Versuchsstationen mit elektronischer Abruffütterung – sowie Schlachtkörpermerkmale in die Untersuchungen einbezogen. Ihre Auswertungen zeigten zwar Unterschiede zwischen den Fütterungsgruppen, jedoch keine signifikanten Genotyp-Umwelt-Interaktionen.

Auch Prof. Dr. Christine Große Brinkhaus konnte zeigen, dass Unterschiede in den Schlachtkörpermerkmalen in Abhängigkeit von Haltungsform, Fütterung und Schlachtbedingungen festzustellen waren. Der Einfluss der Fütterung müsse dabei jedoch noch vertiefend untersucht werden, um belastbare Aussagen für die Praxis abzuleiten.


Der Einfluss einer N-/P-reduzierten Fütterung auf Knochendichte und -zusammensetzung
Dr. Regina Lohmeyer, Max-Rubner Institut

Dr. Regina Lohmeyer, Max-Rubner Institut

Regina Lohmeyer setzte die Präsentation der Projektergebnisse fort. Die Untersuchungen am Max Rubner-Institut konzentrierten sich auf die Knochendichte und -zusammensetzung, die mithilfe von CT-Scans und chemischen Analysen bestimmt wurden. Ziel dieses Projektabschnitts war es zu klären, ob und wie sich eine veränderte Futterzusammensetzung auf das Wachstum und die Entwicklung der Tiere auswirkt. Eine unzureichende Versorgung kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen – insbesondere die Nährstoffe Calcium (Ca), Phosphor (P) und Magnesium (Mg) sind entscheidend für das Knochenwachstum und die -struktur. Prof. Dr. Christine Große Brinkhaus zeigte, dass die beobachteten Unterschiede in den Knochenparametern der präparierten Metakarpusknochen (Metakarpus 3 der rechten Vorderpfote) weniger durch die Fütterung als vielmehr durch das Geschlecht und die Rasse der Tiere bedingt waren. So wurde beispielsweise bei weiblichen Tieren eine höhere Knochendichte im Vergleich zu männlichen festgestellt.


N-/P- reduzierte Fütterung - Umsetzung für die Zucht
Dr. Hubert Henne, BHZP GmbH

Abschließend ging Dr. Hubert Henne von der BHZP GmbH auf die Umsetzung der NP-reduzierten Fütterung in der Schweinezucht ein. Auch er unterstrich die Bedeutung dieser Fütterungsstrategie für die Wirtschaftlichkeit, die Tiergesundheit und die Verringerung der Umweltbelastung. Als zentrale Einflussfaktoren nannte er die Futterzusammensetzung, den Einsatz heimischer Futtermittel und Nebenprodukte sowie die Futtereffizienz. Diese Aspekte seien auch im Hinblick auf die Standorterhaltung der deutschen Schweinehaltung von großer Bedeutung. Bei der Auswertung der Versuchsergebnisse legte Dr. Hubert Henne nicht nur Wert auf die Mittelwerte, sondern betrachtete auch die Streuungen der Daten. Ziel der Arbeiten sei es, Unterschiede in Leistungs- und Tierwohlmerkmalen sichtbar zu machen. Zwar konnten in den bisherigen Versuchen keine signifikanten Auswirkungen der Fütterung auf Mastleistung und Schlachtkörperqualität festgestellt werden, jedoch müssten potenzielle Einflüsse in weiteren Auswertungen und Versuchsreihen abschließend geklärt werden. Dabei sollten auch neue Haltungsbedingungen sowie Gesundheitsaspekte berücksichtigt werden, da Zuchtprogramme stets an die Produktionsrealität in der Praxis angepasst sein müssen. Dr. Hubert Henne sieht daher weiteren Forschungsbedarf, insbesondere im Bereich der Physiologie der Futterverwertung und in Bezug auf die Möglichkeiten einer hologenomischen Selektion.


Genomische und mikrobielle Forschung zur N-Effizienz beim Schwein
Dr. Markus Schmid, Universität Hohenheim

Dr. Markus Schmid von der Universität Hohenheim beleuchtete erneut die Herausforderungen in der Schweinefütterung – zum einen die potenzielle Konkurrenzsituation mit der Humanernährung, zum anderen die Emissionen infolge erhöhter Nährstoffausscheidungen. Er ging dabei kurz auf die Definition der Stickstoff-Ausnutzungseffizienz sowie auf Indikatormerkmale wie den Blutharnstoffgehalt ein. Im Anschluss stellte Dr. Markus Schmid Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt protiPig vor, das sich mit der Verbesserung der Proteineffizienz beim Schwein befasst. Innerhalb des Projekts konnten die Heritabilitäten der Merkmale Stickstoffverwertungseffizienz und Blutharnstoffgehalt ermittelt werden. Zudem zeigte sich, dass eine züchterische Selektion auf niedrige Blutharnstoffwerte das Potenzial hat, die Stickstoffnutzungseffizienz deutlich zu verbessern. Da jedoch auch die polymikrobielle Architektur dieser Merkmale eine wichtige Rolle spielt, sind weiterführende Untersuchungen erforderlich, um das Zusammenspiel von Genetik und Mikrobiota im Rahmen einer hologenomischen Selektion besser zu verstehen und gezielt nutzen zu können.


Abschlussdiskussion
Danksagung EffiPig

In der anschließenden Diskussion zogen die Referenten das Fazit, dass der mögliche Einfluss der Genetik auf die Nährstoffnutzungseffizienz bei einer NP-reduzierten Fütterung weiter untersucht werden muss. Die große Menge an im EffiPig-Projekt generierten Daten wird auch in Zukunft aus unterschiedlichen Perspektiven weiter ausgewertet, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Das Potenzial der durch solche Versuche gewonnenen Daten ist dabei sehr hoch. Eine enge Zusammenarbeit und ein kontinuierlicher Austausch zwischen Tierernährern und der Tierzucht müssen ein wesentlicher Bestandteil der Planung, Durchführung und Auswertung solcher Versuche sein.

 

Abschließend bedankte sich Prof. Dr. Christine Große Brinkhaus bei allen Teilnehmern des Workshops, sowohl vor Ort als auch digital, für die anregende Diskussion, bei den Projektpartnern für die wertvolle Unterstützung sowie beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) und der Landwirtschaftlichen Rentenbank für die finanzielle Förderung des Projekts.


Alle Effipig
Rentenbank EffiPig

Die Förderung erfolgt aus Mitteln des Zweckvermögens des Bundes bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank.